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20. Januar 2015,

Neue Wege der Abwassernutzung

Emschergenossenschaft und BRAIN forschen an Möglichkeiten zur weiteren Nutzung von Abwasser durch biotechnologische Verfahren. Hierdurch soll unter anderem die Energieausbeute gesteigert sowie spezielle Öle für die Nutzung als Hochleistungsadditive in der Schmierstoffindustrie gewonnen werden.

Kläranlagen sind die größten kommunalen Stromverbraucher. Zur Abwasserreinigung werden derzeit durchschnittlich 50 kWh an elektrischer Energie pro Person und Jahr benötigt. Umgerechnet auf den durchschnittlichen Stromverbrauch im Privatbereich entspricht dies etwa 5%. In absoluten Zahlen bedeutet dies ein Stromverbrauch von rund 4.2 TWh/Jahr für alle Kläranlagen in Deutschland. Zur Senkung der Betriebskosten, aber auch zur Schonung von Ressourcen setzen Kläranlagenbetreiber auf Techniken, die es erlauben den Energiebedarf zu reduzieren oder die Eigenenergieerzeugung zu steigern.

Im Rahmen der strategischen Allianz ZeroCarbFP wird die Nutzung von kohlenstoffreichen Abfallströmen zum Aufbau von funktionaler Biomasse erforscht. Das Themenfeld der Emschergenossenschaft mit dem Technologiepartner BRAIN verfolgt hierbei das Ziel, kohlenstoffreiche Abwässer für die Aufzucht spezieller ölbildender Organismen zu verwenden. Die hierdurch gewonnene Biomasse kann im Anschluss energetisch verwertet oder als Rohstoff zur Produktion von beispielsweise Hochleistungsadditiven in der Schmierstoffindustrie genutzt werden.

Zur Nutzung dieses Rohstoffes werden die Synergien der strategischen Allianz genutzt, in der u.a. auch die FUCHS Europe Schmierstoffe GmbH als Verwertungspartner vertreten ist. Die bis heute gewonnen Erkenntnisse sind bereits sehr vielversprechend. Aus dem Abwasser einer ausgewählten Kläranlage der Emschergenossenschaft konnten Organismen isoliert werden, die von den Partnern aufgrund ihrer Eigenschaft zur hohen Lipidbildung als geeignet für weitere Untersuchungen bewertet wurden. Ein wesentliches Kriterium bei der Beurteilung ist eine Lipidbildungsrate von mehr als 20% der Biotrockenmasse. Neben speziellen Bakterien konnten auch eine Reihe von Hefen und Pilzen identifiziert werden, die das Potential zum Energie- und Rohstofflieferanten besitzen.

„Kläranlagen verrichten bei der Abwasserreinigung bereits einen sehr guten Dienst. Allerdings scheint ein hohes Verwertungspotential an ungenutzten Kohlenstoffverbindungen vorhanden zu sein, das wir im Rahmen von ZeroCarbFP versuchen zu erschließen. Hierdurch könnten die Betriebskosten weiter verringert und auch die Umwelt zusätzlich entlastet werden“, sagt Dr. Jochen Stemplewski, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft. „Zusammen mit der BRAIN AG versuchen wir neue Wege der Abwassertechnik und vor allem der Abwassernutzung zu eruieren und somit die Werte dieses Substrats weitestgehend auszuschöpfen. Die Einbindung der Biotechnologie bietet neue Chancen für die Siedlungswasserwirtschaft, wobei alle Risiken, die hiermit verbunden sein könnten, genau betrachtet und ausgeschlossen werden müssen.” „Daher führen wir umfangreiche Nachhaltigkeitsuntersuchungen durch, in denen der Pfad entlang der gesamten Wertschöpfungskette verfolgt, geprüft und bewertet wird“, ergänzt Dirk Bogaczyk, Gesamtkoordinator der strategischen Allianz.

„Unsere BioArchive-Ressourcen, die wir auch als den “Werkzeugkasten der Natur” bezeichnen, beheimaten ca. 30.000 gut charakterisierte, hoch diverse Mikroorganismen. Sie wurden bereits erfolgreich von uns nach Organismen durchmustert, die besonders gut eine große Menge sowie hohe Vielfalt an industriell relevanten Lipiden produzieren können. Trotzdem konnten wir diese im Rahmen der Kooperation bereits durch aus Kläranlageproben isolierte Organismen ergänzen”, beschreibt Dr. Guido Meurer, Unit Head Strain Development bei BRAIN, das systematische Vorgehen innerhalb der Zero-CarbFP. „Im nächsten Projektabschnitt sollen die Verfahren nun skaliert und einer industriellen Anwendung zugeführt werden.”

Die Emschergenossenschaft (gegründet 1899) bewirtschaftet zusammen mit dem Lippeverband (gegründet 1926) die Flusseinzugsgebiete von Emscher und Lippe. Beide Verbände zusammen bilden den größten Abwasserentsorger in Deutschland. Sie betreiben insgesamt 55 Kläranlagen und unterhalten rund 750 Kilometer Wasserläufe. Im Rahmen ihrer wasserwirtschaftlichen Aufgaben befassen sich die beiden Verbände auch eingehend mit Themen wie Energieeffizienz, Rohstoff-Rückgewinnung und Auswirkungen des Klimawandels.

Die BRAIN AG gehört in Europa zu den technologisch führenden Unternehmen auf dem Gebiet der industriellen „weißen“ Biotechnologie. Im Rahmen von strategischen Kooperationen identifiziert und entwickelt die BRAIN AG für Industrieunternehmen in der Chemie-, Pharma-, Kosmetik- und Nahrungsmittelbranche innovative Produkte und Lösungen auf Basis der in der Natur vorhandenen aber bislang unerschlossenen biologischen Lösungen. Die aktiven Produktkomponenten ermittelt die BRAIN AG im unternehmenseigenen „BioArchive“, das zu den umfangreichsten Archiven seiner Art gehört. Seit der Unternehmensgründung im Jahr 1993 ist die BRAIN AG über 99 strategische Kooperationen mit nahezu allen relevanten Akteuren der chemischen Industrie eingegangen. Zu den Kooperationspartnern zählen unter anderem BASF, Bayer Schering, Clariant, DSM, Emschergenossenschaft, Evonik Degussa, Fuchs, Henkel, Nutrinova, RWE, Sandoz, Südzucker und Symrise. Das Unternehmen beschäftigt zurzeit 116 hoch qualifizierte Mitarbeiter.

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