Fermentation von Lebensmitteln
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1. Juli 2020

Domestizierte Mikroben im Einsatz

Warum die Fermentation von Lebensmitteln derzeit eine Renaissance erfährt

Die Fermentation ist altbekannt und eine Art Urform der Biotechnologie: Mit Hilfe von Mikroorganismen bzw. deren Enzymen werden Lebensmittel haltbarer und schmackhafter gemacht. Heute spielen bei Konsumenten bei der Wahl eines Lebensmittels neben Geschmack und Haltbarkeit auch die Themen Gesundheit und Nachhaltigkeit eine Rolle. Nicht zuletzt sorgt in der Industrie derzeit die Suche nach sogenannten alternativen Proteinen für eine Renaissance der Fermentation. Die BRAIN-Gruppe hat zu dem Thema einiges zu bieten.

Natürlich und gesund, gerne auch nachhaltig – so wollen sich immer mehr Verbraucher ernähren. Dem Wunsch kommt der Trend hin zu fermentierten Nahrungsmitteln nach, denn fermentierte Lebensmittel enthalten nicht nur gesundheitsfördernde Substanzen wie bestimmte Aminosäuren oder Vitamine (s. Textkasten unten), sie können außerdem nachhaltig sein, z.B. wenn sie pflanzenbasiert sind oder weil sie besser konserviert sind. Nicht nur in privaten Haushalten erfährt die Fermentierung z.B. von Gemüse neuen Aufwind. Auch die Industrie hat den Trend hin zu fermentierten Nahrungsmitteln erkannt und bietet immer mehr Varianten von „Fermented Food“ an.

Käse dank unüblichem Sex

Wie haben sich die ersten Mikroorganismen auf eine Fermentation spezialisiert? Laut einer Untersuchung der University College Cork (UCC) haben wir z.B. das Fermentationsprodukt Käse der Tatsache zu verdanken, dass der Mensch vor Jahrhunderten (zunächst unbewusst) neben Schafen, Ziegen oder Rindern auch spezielle Hefepilze „domestizierte“. Die Wissenschaftler der UCC hatten das Genom einer in Milch wachsenden Hefezelle untersucht und festgestellt, dass deren Vorfahren in Fruchtfliegen lebten und nicht in der Lage waren Laktose zu verwerten. Die „moderne“ Lactose verwertende Hefezelle musste sich also die notwendigen Gene von einer anderen Hefe erworben haben. Die Wissenschaftler vermuten hier einen Gentransfer in einem für Hefen eher ungewöhnlichen Paarungsprozess. Wir haben also dem Sex dieser Hefepilze unseren Käse zu verdanken… titelt die Universität in ihrer entsprechenden Meldung (Mehr zu Ursprung und zur Evolution der Hefezelle Saccharomyces cerevisiae finden wissenschaftlich Interessierte bei Duan et al. 2018.).

Nachdem unsere Vorfahren also zufällig auf Laktose verwertende Mikroorganismen und damit auf fermentierte, schmackhafte Milchprodukte wie Sauermilch, Joghurt und Käse gestoßen waren, merkten sie schnell, dass mit dieser Milchsäurefermentation auch eine längere Haltbarkeit des Milchprodukts einherging. Ein Grund mehr die wertvollen Mikroorganismen gezielt in Küche und Keller zu kultivieren bzw. zu domestizieren. Andere Fermentationsansätze führten bekanntermaßen zu milchsauer eingelegtem Gemüse wie Sauerkraut, oder auch zu alkoholischen Getränken wie Obstweinen, Met oder Bier. Viele frühe Fermentationsansätze stammten aus asiatischen Kulturen und haben längst auch in unserer Ernährung Einzug gehalten – z.B. Tempeh, Miso und Tofu, allesamt fermentierte Sojaprodukte.

Renaissance der Fermentation

Trotz heutiger Kühlmöglichkeiten und einer großen Auswahl an Nahrungsmitteln wissen viele Menschen den Geschmack und die längere Haltbarkeit fermentierter Lebensmittel zu schätzen. Doch es gibt einen weiteren Grund, warum die Behandlung von Nahrungsmitteln mit Mikroorganismen derzeit nicht nur in den privaten Haushalten, sondern auch in der Lebensmittelindustrie eine Renaissance erfährt: Mit Hilfe von Fermentationen, also der chemischen Umwandlung von Stoffen durch Bakterien bzw. deren Enzymen können pflanzenbasierte Lebensmittelrohstoffe in ihrem Nährwert und Geschmack optimiert werden und gewinnen so als schmackhafte und nachhaltige Alternative für viele Konsumenten an Attraktivität. „Fermentation ist die Zukunft für die Alternative-Proteine-Industrie“ zitierte kürzlich die Plattform „Foodnavigator“ David Welch, Wissenschafts- und Technologiedirektor an der US-amerikanischen gemeinnützigen Organisation Good Food Institute (GFI). Das Institut fördert die Entwicklung und Herstellung pflanzlicher Alternativen zu Fleisch, Milchprodukten und Eiern sowie Kulturfleisch – und damit Alternativen zu Produkten der konventionellen Tierhaltung (foodnavigator.com).

Die BRAIN-Gruppe stellt der Lebensmittelindustrie Produkte und Lösungen für die Fermentation und Optimierung von (alternativen und herkömmlichen) Proteinen zur Verfügung. Starterkulturen für Fermentationen und Enzyme für die anschließende Optimierung von Proteinen gehören dazu.

Starterkulturen zur Herstellung von fermentierten Lebensmitteln

Die vielfältige und umfangreiche Mikroorganismensammlung der BRAIN AG („BioArchiv“) enthält Hunderte für Fermentationen in Lebensmittelqualität geeignete Mikroorganismenstämme. Je nach Kundenvorhaben wird darin nach Stämmen gesucht, die geeignet sind, um z.B. ein gewünschtes Aroma im Verlauf der Fermentation zu erzeugen oder eine ungesunde Komponente zu reduzieren. Die Sammlung ist weiterhin eine reichhaltige Ressource für Stämme, die gesundheitsfördernde Eigenschaften für Mensch,Tier bzw. Pflanzen besitzen, was sie für den Einsatz als Probiotika prädestiniert.

Ist es das Ziel eines Kunden einen bestimmten Inhaltstoff zu erhalten, der im Verlauf der Fermentation mit einem zuvor gewählten Mikroorganismenstamm von diesem produziert wird, schließt sich ein weiterer Prozess zur Substanz-Identifizierung und zur sensorischen Testung des Inhaltstoffes an. Die komplette chemische und sensorische Analytik findet bei BRAIN statt.

Hat sich eine der lebensmittelkonformen Hefen oder Bakterien für die (Kunden-) Anforderung als geeignet erwiesen, kann eine Lizenz für den Einsatz dieses Stamms als Starterkultur für ein spezifisches Applikationsfeld erworben werden. Die Sammlung wird stetig erweitert, z.B. werden auch Mikroorganismenkulturen integriert, die im Zusammenhang mit traditionellen asiatischen Lebensmittelzubereitungen bekannt sind.

Die Kombination aus spezialisierten Stämmen und den bei BRAIN etablierten State-of-the-Art-Technologien zur umfangreichen mikrobiologischen und molekularbiologischen Charakterisierung der Stämme ermöglichen es optimale Lösungen für Kunden anzubieten. Durch die Synergien innerhalb der BRAIN-Gruppe können diese Starterkulturen auch im großen Maßstab produziert werden (One-Stop-Shop).

Enzyme für bessere Struktur und Geschmack

Struktur und Geschmack von (fermentierten) Lebensmitteln können enzymatisch verbessert werden. Enzyme für diesen Einsatz hat das BRAIN-Gruppenmitglied Biocatalysts im Portfolio. Neben Peptidasen zum Abbau bitter schmeckender Peptide bietet das britische Unternehmen generell z.B. auch Enzyme nichttierischen Ursprungs zur Proteinmodifikation an und ermöglicht damit die Produktherstellung für vegane, koshere oder Halal-Produkte.

Warum können fermentierte Lebensmittel nachhaltig sein?

Wer etwas für seinen CO2-Fußabdruck tun möchte, kann dies z.B. tun, in dem er auf Milchprodukte verzichtet oder deren Konsum reduziert. Alternative Produkte, wie durch Fermentation gewonnener „Käse“ aus Cashew-Kernen oder Joghurt aus alternativen „Milchprodukten“, können eine nachhaltige Alternative zu Kuhmilchprodukten sein. Voraussetzung für die Akzeptanz beim Verbraucher: Sie müssen zu schmackhaften und ernährungsphysiologisch adäquaten Produkten formuliert sein. Gibt die pflanzliche Grundlage nicht viele Nährstoffe her, braucht es außerdem Zusatzstoffe – oder die Aufwertung bzw. Erschließung durch eine Fermentation – um auch physiologisch ein sinnvoller Ersatz zu sein.

Wenn Fermentationen zur Aufwertung von qualitativ hochwertigen Nebenströmen aus der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden, kann dies zur Nachhaltigkeit eines Unternehmens selbst beitragen (Beispiel Brotrecycling; Immonen 2020). Beispiel: Nebenströme der Saftherstellung wie Schalen, Kerne und andere Feststoffe können durch Fermentieren zu neuen werthaltigen Produkten werden.

Fermented Food – Wirklich gesund oder nur ein Modetrend?

Fermentierte Lebensmittel enthalten Substanzen, die bei anderen Arten des Konservierens gerne verloren gehen, sei es durch zu hohe Wärme, zu wenig Wasser oder durch Bestrahlung. Fermentierte Lebensmittel enthalten häufig Enzyme, Omega-3-Fettsäuren und B-Vitamine. Ungesunde Komponenten können durch Fermentation reduziert werden. Und manche Lebensmittel werden durch das Fermentieren überhaupt erst für uns Menschen bekömmlich (Karlund et al. 2020).
Weitere positiven Auswirkungen, die hin und wieder postuliert werden, sind bislang allerdings nur schwach belegt. So ist auch bislang nur eine Vermutung, dass z.B. der beobachtete positive Effekt von Joghurt auf Risikofaktoren zur Entstehung eines Typ 2 Diabetes darauf beruht, dass eine erhöhte Bioverfügbarkeit von sogenannten insulinotropen Aminosäuren und Peptiden gegeben ist; auch die bakterielle Biosynthese von Vitaminen, in diesem Fall besonders von Vitamin K2, könnte zu diesem positiven Effekt beitragen. (Sivamaruthi 2018, Gille 2018)

Referenzen

  • Karlund A et al., Nutrients 2020, Apr; 12(4): 1020. doi: 10.3390/nu12041020
  • Gille D et al., Nutrients 2018, 10, 448. DOI: 10.3390/nu10040448
  • Immonen M et al., Int J Food Microbiol. 2020 Aug 16;327. doi: 10.1016/j.ijfoodmicro.2020.108652
  • Duan S et al.. Nat Commun 2018. Jul 12;9(1):2690. doi: 10.1038/s41467-018-05106-7
  • Sivamaruthi BS et al., Nutrients 2018, 10(12): 1973. doi.org/10.3390/nu10121973

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